Was wird gemacht?
Übersicht der geplanten Gesamtsanierung
Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick der beabsichtigten Massnahmen (Entwurf).
Übersicht: Entwurf der Massnahmen zur Sanierung, zur Verbesserung der Hochwassersicherheit und zur Aufwertung der Thur in Wattwil (zum Vergrössern auf das Bild klicken)
1. Übersicht der Massnahmen im Zentrumsbereich von Wattwil
Im dicht bebauten Zentrumsbereich zwischen Rickenbach und Schmidenbach wird das heute 18 bis 26 Meter breite Flussbett auf 30 Meter verbreitert. Mit verschiedenen Massnahmen wird der Zugang zum Wasser erleichtert. So sind rollstuhlgängige Zugänge, Sitzstufen und kleine Abgänge geplant. Mit Wurzelstöcken, Raubäumen und Findlingen im Wasser und anderen natürlichen Elementen werden vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen geschaffen.
Dank der Verbreiterung der Thur bilden sich im Flussbett natürliche Kiesbänke, die das Gewässer ebenfalls ökologisch aufwerten. Für Menschen, Tiere und Pflanzen im und am Wasser verbessern sich die klimatischen Bedingungen deutlich (siehe dazu: Prüfbericht "Auswirkungen auf Klima und Wassertemperatur"). Die Ufer werden als Böschungen gestaltet, die mit grossen Steinen befestigt sind (siehe Musterstrecke Böschung). Entlang der Kurvenaussenseiten werden die Ufer mit einer Betonmauer mit naturnah gestalteter Oberfläche (Nagelfluhimitat) gesichert (siehe Musterstrecke Mauer).
Visualisierung: Geplante Situation nach der Sanierung (zum Vergrössern auf das Bild klicken)
2. Übersicht der Massnahmen ausserhalb des Zentrums
Wo der Flussraum an Landwirtschafts- oder Freiflächen grenzt, muss die Thur bis auf über 40 Meter verbreitert werden. So kann eine ausreichende Abflusskapazität der Thur für grosse Hochwasserereignisse sichergestellt werden. Die Ufer werden hier flacher gestaltet als im Zentrumsbereich, damit geeignete Rahmenbedingungen für eine natürliche, ökologische Dynamik entstehen können. In diesen Bereichen werden die Ufer mit Buhnen gesichert. Dies sind quer zur Strömung angeordnete Bauwerke aus Natursteinblöcken, welche das Wasser zurück in das Gerinne lenken. Zwischen den Buhnen entstehen naturnahe, gut zugängliche Buchten.
Auch hier wird der Flussraum mit verschiedenen Strukturen gestaltet wie Wurzelstöcken, Raubäumen und Findlingen im Wasser, um vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen. Dank der Verbreiterung der Thur bilden sich im Flussbett natürliche Kiesbänke, die das Gewässer ebenfalls ökologisch aufwerten. So werden auch in diesem Bereich die klimatischen Bedingungen für Menschen, Tiere und Pflanzen deutlich besser (siehe dazu: Prüfbericht "Auswirkungen auf Klima und Wassertemperatur"). Im Bereich "Hintere Schomatten" (bei der Brücke der Umfahrungsstrasse) werden ein Ruhezone für Tiere sowie ein ökologisch besonders wertvoller Bereich mit stehendem Wasser gebildet (siehe Visualisierung unten).
Visualisierung: Geplante Situation nach der Sanierung (zum Vergrössern auf das Bild klicken)
3. Verbreiterung des Flussraumes
Die Thur wird in Wattwil verbreitert. Damit können die Flusssohle angehoben und Unterspülungen des Uferschutzes zukünftig vermieden werden. Gleichzeitig wird der Hochwasserspiegel so weit gesenkt, dass die Thur ein 100-jährliches Hochwasserereignis schadlos ableiten kann. Erst ab einem 300-jährlichen Hochwasserereignis können lokale Ausuferungen nicht mehr ausgeschlossen werden.
Im dicht bebauten Siedlungsgebiet zwischen Rickenbach und Schmiedenbach, wo angrenzende Gebäude den Flussraum begrenzen, sieht das Projekt eine Verbreiterung des Flussbetts von heute 18 bis 26 auf 30 Meter vor. In den anderen Abschnitten, wo der Flussraum an Landwirtschafts- oder Freiflächen grenzt, muss die Thur bis auf über 40 Meter verbreitert werden.
Geprüfte Alternativen zur Flussverbreiterung
Ende 2023 forderte eine Interpellation im Kantonsrat St.Gallen, eine Alternativvariante zum Projekt Thursanierung innerhalb der heutigen Allee zu erarbeiten. Sie sollte einen ebenso ausreichenden Hochwasserschutz gewährleisten, aber weniger angrenzende Flächen beanspruchen. Diese Forderung ist in ähnlicher Form auch im Rahmen der Mitwirkung eingegangen. Die daraufhin umgesetze Prüfauftrag "Alternativvariante" zeigt auf, dass eine solche Lösung entscheidende Nachteile gegenüber dem geplanten Projekt aufweist.
Früher erarbeitete Variantenstudien haben zudem gezeigt, dass bei der Thur in Wattwil die Abflusskapazität nur über eine Verbreiterung des Flussraumes erhöht werden kann. Eine Absenkung der Flusssohle, der Bau von Dämmen oder die Dämpfung der Hochwasser in Rückhalteräumen führen nicht zum Ziel.
Thurwege bleiben beidseitig erhalten
Wattwil entwickelt sich entlang der Thur. Mehr Menschen werden sich zukünftig an der Thur bewegen und aufhalten. Deshalb sollen die Thurwege den Verhältnissen angepasst werden. Der rechtsufrige Velo- und Gehweg, der heute zwischen 2,3 und 3,4 Meter breit ist, wird auf 3,5 Meter verbreitert. Der linksufrige Wanderweg wird 2,5 Meter breit. Heute ist er zwischen 1,8 und 2,8 Meter breit.Er bleibt, abgesehen vom bereits heute asphaltierten Abschnitt, ein Kiesweg. Bei den Strassenbrücken werden die Wege soweit möglich kreuzungsfrei im Abflussprofil geführt. Zusätzliche Brücken verbessern die Vernetzung des Dorfs, damit die Thur im Zentrumsbereich besser als Naherholungsraum genutzt werden kann.
Ein Drittel der Allee muss voraussichtlich mit Jungbäumen ersetzt werden
Die Allee entlang der Thur prägt das Landschaftsbild von Wattwil wesentlich. Wegen der Verbreiterung der Thur und der Uferwege muss voraussichtlich ein Drittel der Allee durch eine Neupflanzung ersetzt werden. Rund zwei Drittel der Allee-Bäume könnten an ihrem heutigen Standort erhalten oder verpflanzt werden. Detaillierte Informationen dazu bietet der Prüfbericht "Erhalt von Allee-Bäumen". Eine sorgfältige ökologische Begleitung stellt sicher, dass alle vorkommenden Arten wie Moose, Flechten, Fledermäuse, Vögel, Käfer oder Schnecken wieder einen artgerechten Lebensraum erhalten.
Neugestaltung der Abgrenzungen zu Privatgrundstücken
Mit der Verbreitung des Thurraums und der Thurwege werden auch die Abgrenzungen zu den anliegenden Privatgrundstücken neu gestaltet. Im Rahmen des Projekts werden verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten mit Zäunen, Bepflanzungen oder anderen Grenzelementen erarbeitet und mit den Betroffenen diskutiert.
Bedarf an Kulturland & Fruchtfolgeflächen
Für einen besseren Hochwasserschutz muss die Thur verbreitert werden. Im dicht besiedelten Gebiet von Wattwil ist eine leichte Verbreiterung geplant; in Bereichen, die an Wiesen und Äcker angrenzen, eine grössere Aufweitung. Rund 4,5 Hektaren Kulturland müssen beansprucht werden, was rund 7 Fussballfeldern oder rund 3,5 Prozent der Nutzfläche auf der gesamten Thurebene Wattwil entspricht. Im Rahmen eines Kulturlandgutachtens wird von externen Spezialistinnen und Spezialisten untersucht, welche Flächen sich hierfür am besten eignen, was mit dem wegfallenden Boden passiert und in welcher Form ein Flächenausgleich geschaffen werden kann.
Neugestaltung des Bereichs Postbrücke
Im Zentrum von Wattwil, im Bereich der denkmalgeschützten Postbrücke, soll entlang der Thurwege ein grosszügiger Freiraum entstehen. Beidseits des Flusses werden Zugänge zum Wasser von urbanem Charakter geschaffen und die Brückenköpfe einheitlich und klar gestaltet. Die beiden Plätze werden dadurch in ihrer Funktion als Aufenthalts- und Erholungsräume gestärkt.
Erhöhung der Hochwassersicherheit im Bereich der denkmalgeschützten Postbrücke
Die im Zentrum von Wattwil liegende Postbrücke verfügt heute über einen nur ungenügend grossen Durchflussquerschnitt für die Thur. Dies hat das Hochwasser vom 4. Januar 2018 mit einem Abfluss von rund 250 Kubikmeter pro Sekunde deutlich gezeigt: Das Wasser wurde seitlich an den sogenannten Widerlagern der Brücke, den Verbindungen zwischen der Brückenkonstruktion und den Ufern, aufgestaut. Bei einem 100-jährlichen Hochwasser mit rund 400 Kubikmeter Wasser pro Sekunde muss damit gerechnet werden, dass Wasser und Schwemmholz zurückgestaut werden und die Thur seitlich über die Ufer tritt.
Aus diesem Grund wird der Hochwasserspiegel bei der Brücke im Rahmen der Thursanierung abgesenkt. Dies wird durch eine Verbreiterung der Flusssohle zwischen der Postbrücke und dem Schomattensteg um 2 bis 10 Meter auf einheitlich 30 Meter erreicht. Heute ist die Flusssohle direkt unter der Postbrücke 28 Meter breit. Zudem wird die Flusssohle bei der Postbrücke um 40 Zentimeter abgesenkt. Dank diesen Massnahmen wird der Hochwasserspiegel unter der Postbrücke um insgesamt rund einen Meter tiefer liegen als heute. Ein 100-jährliches Hochwasser kann damit ohne Gefahr unter der Postbrücke durchfliessen. An den Widerlagern der Brücke wird das Hochwasser immer noch aufgestaut, kann aber keinen Schaden anrichten. Das Risiko von Schwemmholz-Aufstauungen, sogenannten Verklausungen, wird reduziert. Mit diesen Massnahmen kann der Hochwasserschutz in Wattwil ausreichend verbessert werden, ohne dass die denkmalgeschützte Postbrücke baulich verändert werden muss.
4. Neue Uferverbauungen und Sicherung der Flusssohle
Durchgehende Sicherung der neuen Ufer
Mit der Verbreiterung der Flusssohle werden beide Ufer zurück versetzt und neu gesichert. Im Siedlungsgebiet müssen die Böschungen aus Platzgründen mit einem rauen Blocksatz befestigt werden. Entlang der Kurvenaussenseiten ist auch die Erstellung einer Ufermauer möglich.
Ausserhalb des Siedlungsgebiets, wo die Ufer flach gestaltet werden, werden die Ufer mit Buhnen gesichert. Dies sind quer zur Strömung angeordnete Bauwerke aus Natursteinblöcken, welche das Wasser zurück in das Gerinne lenken. Zwischen den Buhnen entstehen naturnahe, gut zugängliche Buchten.
Böschungstypen mit unterschiedlichen Neigungen geplant
Die meisten Uferabschnitte der Thur in Wattwil sollen als Böschungen gestaltet werden. Im dicht besiedelten Zentrumsbereich sind diese steiler geplant, um den Bedarf an Land von angrenzenden Grundstücken zu minimieren. Ausserhalb des dichten Siedlungsraumes sollen sie dagegen flacher ausfallen, damit der dortige Uferbereich möglichst naturnah und erlebbar gestaltet werden kann (siehe Karte). Zwei Uferabschnitte ober- und unterhalb der Postbrücke sollen als Betonmauern mit naturnah gestalteter Oberfläche umgesetzt werden. Diese Abschnitte liegen an den Aussenseiten von Flusskurven und müssen deshalb besonders vor Erosion geschützt werden.
Vielfältige Flusssohle
In der verbreiterten Flusssohle werden sich Kiesbänke und ein natürlicher Niederwasserbereich bilden. Entlang der Prallufer bilden sich Kolke (Tiefstellen) und entlang der Gleitufer (Kurveninnenseite) Flachwasserzonen. In Fliessrichtung wird sich ein leicht abgestuftes Längenprofil mit unterschiedlichen Strömungen entwickeln: starke Strömung in Flussschnellen und geringe Strömung in Rinnen.
Sohlensicherung mit Sohlrampen
Zwischen den Brücken Waisenhausstrasse und Rietwies hat sich die Thur am stärksten eingetieft. Mit der Verbreiterung der Thur wird sich naturgemäss eine höhere Sohlenlage einstellen. Diese Prozesse werden durch Kiesschüttungen aktiv unterstützt. Gleichzeitig muss die höhere Sohlenlage mit zwei flachen und strukturierten Blockrampen punktuell fixiert werden. Diese Sohlenrampen sind im Bereich des Schwimmbades geplant.
5. Verbesserung der Zugänge und Querungen der Thur
Ein grosses Defizit der heutigen Flussraum-Situation ist der fehlende Wasserzugang für Erholungssuchende. Das Sanierungsprojekt soll dieses Defizit beheben. An mehreren Uferabschnitten sollen die Böschungen so gestaltet werden, dass sowohl der Zugang wie auch der Aufenthalt direkt am Wasser möglich ist.
6. Ökologische Aufwertung des Flussraumes
Mit der Uferabflachung und Verbreiterung der Flusssohle schafft das Projekt geeignete Rahmenbedingungen für eine natürliche, ökologische Dynamik. Der Flussraum wird mit verschiedenen Strukturen gestaltet wie:
- Hecken- und Baumzonen für Insekten und Vögel
- vegetationsarme Ruderalflächen für spezialisierte Pflanzen
- strukturreiche Flusssohle mit Hinterwasserbereichen und kleinen Stromschnellen für verschiedene Lebewesen im Wasser
- steile Trockenwiesenböschungen für Insekten und Blütenpflanzen
- Ast- und Steinhaufen für Reptilien
- Flachwasserbereiche und kleine Flutmulden für Amphibien
- ökologisch aufgewertete Seitenbachmündungen
Aufwertung des Lebensraums der Fische
Die mittlere Thur wird für standortgebundene und wandernde Fischarten wieder zu einem attraktiveren Lebensraum. Folgende Massnahmen sind vorgesehen:
- durchgehende Fischwanderung im Projektperimeter
- Sohlrampe oberhalb Rietwiesbrücke auch für kleine Fischarten durchgängig
- Fischunterstände sowie Totholz-Areale
- strukturreichere Flusssohle
- fischgängige Aufwertung des Mündungsbereiches
- breite, benetzte Stellen im Flussbett mit unterschiedlichen Wasserströmungen und -tiefen
- gut benetzte Kiesflächen als Laichgebiete
- Entfernung von bestehenden Aufstiegshindernissen für Fische
- Verbesserung der Vernetzung verschiedener Gewässerbereiche (z.B. Mündungen der Seitenbäche)
Verbesserung der klimatischen Bedinungen
Die klimatischen Lebensbedinungen für Tiere und Pflanzen im und am Wasser werden durch das Projekt deutlich verbessert (siehe dazu: Prüfbericht "Auswirkungen auf Klima und Wassertemperatur").
Visualisierung des Bereichs zwischen der Brücke Waisenhausstrasse und der SOB-Brücke: Diese Tiere sollen an der Thur wieder bessere Lebendsbedingungen vorfinden (zum Vergrössern auf das Bild klicken)